Sicherlich brauchen wir mit fortschreitendem Alter weniger Schlaf und ungewöhnlich ist es auch dann nicht, wenn wir nicht mehr 6-7 Stunden durchgängig in Morpheus Armen schlummern. Wenn die Menschen jedoch im angespannten Arbeitsalltag stehen, dann können Schlafmangel und permanente Schlafstörungen zu starken Beeinträchtigungen der Lebensqualität und der Leistungsfähigkeit führen, wie Josephine im obigen Artikel beschrieben hat. Dann sollten wir damit beginnen, die Ursachen herauszufinden, d.h., unseren Lebensstil, die Stressfaktoren, den Tagesablauf, und überdenken, was wir daran ändern könnten.

Gerade die Ernährung ist für viele physische und psychische Störungen ein wichtiger Einflussfaktor, dem zumeist viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Wir essen und trinken angepasst an bestimmte Trends, Gewohnheiten und alltagsbedingte Notwendigkeiten bzw. Zwänge (Zeitfaktor! Fastfood!), und „belohnen“ uns nach dem wohlverdienten Feierabend zu vorgerückter Abendstunde mit Pizza, Pasta, Snacks und Zuckersüßem, einer Flasche Wein oder ein paar Bierchen auf dem Sofa vor Doctor Strange oder Jason Bourne oder einem neuen Tatort. Wen wundert´s dann, wenn wir vielleicht schnell einschlafen im Rotwein- oder Bierrausch, der Bauch wohlig gefüllt mit Kalorienbomben und Fett. Doch schwer wird es, den erholsamen Tiefschlaf zu erreichen. Das Unterbewusstsein verarbeitet im Traum das letzte Gemetzel im Actionfilm, während Fett und Kohlenhydrate mühsam aber stetig verdaut und verstoffwechselt werden. Dafür sorgt u.a. eine angestrengte Magen-Darm-Bewegung und eine erhöhte Insulinausschüttung, die in Folge des rasch angestiegenen Blutzuckers die Glucose über die Leber in Muskeln und Gehirn schleust, woraufhin der Blutzucker aber auch schnell wieder sinkt und wir evt. aufwachen, weil wir schon wieder ein Hungergefühl haben. Ein Zuviel des Guten lässt uns also auf Dauer nicht nur schlecht durchschlafen, sondern auch immer dicker werden. Im Bett, d.h. im Ruhezustand, können wir natürlich noch viel weniger überschüssige Kalorien durch Muskeltätigkeit verbrennen, sie werden quasi ungenützt als Fettreserven eingelagert.

Abende wie dieser sollten als Ausnahme die Regel bestätigen.

Doch wie sollte, könnte die „Regel“ aussehen. Was genau könnten wir an unseren Ernährungsgewohnheiten ändern, um einen besseren Schlaf zu befördern.

Zunächst einmal ist es wichtig, so früh wie möglich ein leichtes, gut bekömmliches Abendessen einzunehmen, 2-3 Stunden vor dem Zubettgehen. Es sollte nicht die Hauptmahlzeit des Tages sein, verzichten Sie auf volle Teller mit Kartoffeln, Reis und Nudeln und fetten Fleischanteilen (die Menge und die Qualität macht´s!). Lassen Sie dann Ihre Verdauungsaktivitäten zur Ruhe kommen, legen Sie eine nächtliche Fastenzeit von 12 Stunden ein, egal ob Sie ein „Eulentyp“, also ein Nachtmensch, oder ein „Lerchentyp“, ein Frühaufsteher, sind.

Wenn Sie es irgendwie einrichten können, machen Sie vor dem Abendessen oder nach der Arbeit einen halbstündigen Spaziergang, joggen Sie, fahren Rad oder treiben Gymnastik – also keine enormen körperlichen Anstrengungen. Die Ausschüttung von Endorphinen bei diesen leichten sportlichen Betätigungen ist schon ein erster Schritt, um den Stress des Tages abzubauen, den Kopf zu lüften und Sie in einen gelösten emotionalen Zustand zu versetzen.

Die Schlüssel, über die wir mittels Nahrungsmittel unseren Schlaf beeinflussen können, sind Tryptophan sowie Calcium und Magnesium. Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure, die der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann, sondern nur über die Nahrungsmittel aufnimmt. Tryptophan bewirkt in unserem Gehirn die Herstellung des Nervenbotenstoffes Serotonin, manch einer kennt das als „Glückshormon“. Serotonin befördert nun gemeinsam mit Vitamin C, B6 und Mangan das körpereigene Hormon Melatonin, unser Schlafhormon, das mit Einbruch der Dunkelheit in der Zierbeldrüse aktiviert wird. Das L-Tryptophan hält den Serotoninspiegel auch tagsüber konstant, so dass beim Einschlafen nachts genügend Melatonin gebildet werden kann. Wieviel Tryptophan täglich über die Nahrung aufgenommen werden sollte, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, eine 60 kg gewichtige Frau bräuchte idealerweise ca. 300 mg Tryptophan.

Die höchsten Konzentrationen dieses Proteins finden wir in Sojabohnen, Nüssen, Cashewkernen, Kakaopulver und Haferflocken. Kuhmilch, Hühnerei, Käse, Geflügel, Fisch und Erbsen verfügen zwar auch über einen recht beachtlichen Tryptophananteil, aber die vielen anderen Aminosäuren darin, die ihren Weg ins Gehirn suchen, blockieren dabei das Tryptophan, nur Bruchteile kommen im Gehirn schließlich davon an.

Deshalb als Empfehlung: Statt der berühmten warmen Honigmilch, die ohnehin keinen wissenschaftlichen Nachweis, eher einen psychologischen Effekt bei (Ein-) Schlafstörungen vorweisen kann, versuchen Sie es doch einmal mit einer

Bananen-Sojamilch:

Beide bremsen den Wachmacher Orexin, auch ein Peptid-Hormon, aus. Eine halbe, noch relativ unreife Banane, deren Fructose- bzw. Stärkegehalt noch nicht so hoch ist (kein Vergleich mit dem zuckersüßen Honig!), enthält bereits 7,7 mg reines Serotonin.

Alternativ: Ein Mandeldrink

1 Tl Mandelmus mit warmem Wasser mischen und dazu eine Prise Vanille und Zimt.

Die beiden Letzteren beruhigen den Geist, Mandeln enthalten Tryptophan sowie Magnesium, Vitamin E, Zink und Eiweiß.

Nach einem sehr stressigen Arbeitstag könnte Ihnen auch folgendes leichte Abendessen guttun:

Eine halbe Banane in Scheiben schneiden

Mandeln, Walnüsse mit Haferflocken mischen und warme Milch aufgießen

In Nüssen, Vollkorn- und Getreideprodukten, Hülsenfrüchten, Kräutern und grünen Salaten finden sich u.a. das wertvolle Magnesium und Calcium. Magnesium gilt als absolutes Antistressmineral. Mit Calcium wirkt es innerhalb der Zellen und sorgt für eine regelrechte Überleitung von Reizen aus den Nerven in die Muskulatur, also für Kontraktion aber auch Entspannung. Wenn wir uns ausgewogen und gesund über den ganzen Tag ernähren, sind wir mit beiden Mineralien gut versorgt. Vorsicht bei der Einnahme von Supplementen (wenn man z.B. nachts unter Muskelkrämpfen oder Beinekribbeln leidet, könnte das auf einen Magnesiummangel hinweisen), denn beispielsweise ein Zuviel an Magnesium geht immer zulasten der Aufnahme von Calcium. Klären Sie das evt. vorher mit Ihrem Arzt ab.

Ein ideales Abendessen wäre:

Kopfsalat, roter Paprika, Gurke

Schnittlauch, Kresse

Schnittkäse, Schinkenwürfel

Oliven, Apfel, Essig-Olivenöl-Dressing

dazu ein Vollkornbaguette

Wussten Sie, dass der grüne Blattsalat einen opiatähnlichen Stoff enthält, das Lactuarium. Dieser Stoff wirkt auf das vegetative Nervensystem und mindert Erregungszustände und Stressauswirkungen. Was könnte uns nachts Besseres passieren!

Gegen ein Glas trockenen Weißwein oder nicht zu kaltes Bier zum Essen ist nichts einzuwenden. Bier enthält Hopfen, dessen Bitterstoffe und ätherische Öle an den Melatoninrezeptoren wirken. Aber kurz vor dem Zubettgehen wären dann doch Kräuterteekombinationen aus Baldrian, Passionsblume, Hopfen, Melisse und/oder Lavendel zu empfehlen.

Wenn Sie schließlich doch mal einen drängenden Wunsch nach einem „Betthupferl“ haben, versuchen es mit einer Handvoll Mandeln oder ungesalzenen Erdnüssen oder einem Stück Bitterschokolade mit einem 80% Kakaoanteil. Die Kakaobohne ist ein wahres Superfood mit hohem Anteil gesunder Fette, Magnesium, Histaminen und eben auch unserem Serotonin. Idealerweise wirkt sie in Form natürlichen, ungesüßten Kakaopulvers, dass Sie selbst mit pflanzlicher Milch mixen – ein wohltuendes Nachtgetränk!

So wie das Autogene Training langfristig und ausdauernd geübt werden muss, um seine entspannenden Wirkungen erfolgreich beweisen zu können, brauchen Sie auch bei der Umstellung Ihrer Lebens- und Ernährungsgewohnheiten Zeit, Ausdauer und einen Wille. Ein gesunder Schlaf aber ist Grundlage für Lebenskraft und -freude. Das wäre Ihr Lohn.

Den wünsche ich Ihnen von Herzen!

Ihre Anja Haddad

 

Anja Haddad